Wagen 1666 und 1667
MAN E2H 85 (SL 200)
Im Rahmen eines 1985 begonnenen Flottenversuchs mit Fahrzeugen mit Methanolantrieb gelangten im Dezember desselben Jahres jeweils sieben Busse vom Typ DB O305 (Wagen 1670 – 1676) und MAN SL 200 (Wagen 1663 – 1669) zur BVG. Alle 14 Busse – und somit auch die Wagen 1666 und 1667 - wurden am 19. Dezember 1985 amtlich zugelassen. Der Entwertereinbau in der HWA erfolgte erst am 30.1.1986, so dass vorher kein Linieneinsatz erfolgt sein kann.
Die für den Versuchsbetrieb erforderliche Infrastruktur in Form einer Methanoltankstelle ist zuvor auf dem Gelände des Betriebshofes Spandau eingerichtet worden, womit die Fahrzeuge für die Dauer des Versuchsbetriebes diesem Betriebshof zugewiesen waren.
Während die sieben Daimler-Benz-Busse bereits nach vier Jahren Praxistest wieder auf einen konventionellen Diesel-Antrieb umgerüstet worden sind, sollten mit der sich von den Daimler-Benz-Bussen unterscheidenden Methanol-Antriebstechnik aus dem Hause MAN weitere Erfahrungen gesammelt werden, weshalb eine Umrüstung der Wagen 1663 – 1669 auf einen Dieselantrieb unterblieb. Stattdessen waren alle Wagen der Serie MAN E2H 85 bis zu ihrer Abstellung am 10. Dezember 1993 mit Methanolantrieb im Einsatz.
Die Wagen 1666 und 1667 gelangten danach zur Firma Behrend in 14797 Lehnin, die den Wagen 1666 in Eigenregie auf Dieselantrieb umrüstete und den Bus unter der neuen Zulassung PM-FJ 802 im Ortsverkehr Lehnin einsetzte.
Der Wagen 1667 wurde stattdessen ohne weitere Verwendung vorgehalten und war zum Zeitpunkt der Übernahme beider Wagen durch die ATB im Jahr 2011 noch immer mit einem Methanol-Motor ausgestattet.
Während ihrer Einsatzzeit bei der BVG waren die Wagen mit folgenden Reklamen versehen:
1666 | |
Sportlepp, Heckwerbung, 4. Version | 05.1986 – 02.1987 |
CarMusicShop, Heckwerbung, 3. Version | 02.1987 – 04.1988 |
Möbel-Hübner, Bandwerbung, 3. Version | 04.1988 – 12.1993 |
1667 | |
Real Heimwerkermarkt, Heckwerbung , 1. Version | 05.1986 – 03.1987 |
Kaiser’s Lebensmittelmarkt Heckwerbung, 2. Version | 03.1987 – 09.1987 |
IG Metall, auf den Seitenflächen angebrachte Heckwerbung, 1. Version | 05.1987 – 07.1987 |
Stinnes Baumarkt, Bandwerbung, 1. Version | 09.1987 – 03.1988 |
Stinnes Baumarkt, Bandwerbung, 2. Version | 03.1988 – 12.1993 |
Beide Busse repräsentieren in der Fahrzeugsammlung der ATB die letzte Generation der von der BVG in Dienst gestellten Fahrzeuge vom Typ MAN SL 200.
Der Wagen 1666 wird als betriebsfähiger Traditionsbus erhalten bleiben und konnte rechtzeitig zur Traditionsfahrt 2011 als Kraftomnibus zugelassen werden. Erstmals für ein ATB-Fahrzeug muss bei 1666 eine bewusste Abweichung vom Einsatzzustand bei der BVG in Kauf genommen werden: Mit Methanol als Kraftstoff wird der Bus in keinem Fall mehr betrieben werden…
Da sich 1667 in einem relativ guten Orignalzustand befindet, fand sich ein Käufer in Österreich für diesen Bus, der im November 2023 unsere Sammlung verließ. Wir hoffen, 1667 möge dort auf absehbare Zeit wieder zu einem einsatzfähigen Fahrzeug aufgebaut werden. Die Grundsubstanz des Wagens ist trotz seiner langer Abstellzeit erstaunlich gut. Hier macht sich die kurze Einsatzzeit bei der BVG mit geringer Laufleistung bemerkbar.
Christian Neuhaus
Stand: November 2023
Wagen 1666: Historische Details und Abweichungen vom Original bei der ATB
Historische Details
Der im Zuge der Sanierung hergestellte Zustand des Busses repräsentiert die Einsatzzeit von September 1986 bis April 1988. Folgende Merkmale bestimmen dies:
- Einbau der Druckknopfhalterungen an den Bugklappen für die Fähnchen in 09.1986. Gleichzeitig Entfernung der schwarzen Kunststoff-Fähnchenhalter an den Bugklappen neben den Scheinwerfern.
- Einbau der grünen Taster für die Öffnung der Mitteltür gemäß HWA-Liste am 28.04.1988. Diese wurden zum Fahrplanwechsel Mai 1988 nachgerüstet, um den Mitteleinstieg zu ermöglichen.
- Ob der Einbau eines Klüssendorf-Entwerters der 2. Generation funktionsfähig möglich ist, ist zu klären. Dessen Ansteuerung erfolgt nicht über das IBIS-Gerät, sondern über ein Eingabegerät der Firma Klüssendorf.
Sonstige Details, die im Laufe der Betriebszeit geändert wurden und von Traditionsbus wiederhergestellt worden sind:
- Verzicht auf die seitlichen Blinkleuchten, die im Sommer 1989 nachgerüstet wurden.
- Ausbau des neuen Funkgeräts mit Halterung am Armaturenbrettträger und Einbau eines zeitgemäßen Halters am Fahrplatz links vor dem E-Fach. Kabelbohrung im Armaturenbrettträger wurde mit schwarzer Abdeckkappe verschlossen.
- Demontage Fahrzettelhalter an der Kasse. Vermutlich muss die Krauth-Kasse in einem dunkleren Grauton gestrichen sein. (Einbau von Almex-Druckern ab 11.1992 und entsprechende Änderungen an der Kasse.)
- Demontage Fahrermappenhalter hinter dem Fahrersitz, befestigt an dortiger Haltestange, da diese vermutlich mit der Einführung des Kurzstreckentarifs und der Tarifzonen im Mai 1988 installiert wurden, spätestens mit der Einführung der Dienstanweisung Omnibus zum 01.10.1991.
- 1666 wurde von uns mit der Kasse-Sichtkarten-Beschriftung versehen, obwohl dieser Bus wie 1665 diese zu BVG-Betriebszeiten nie hatte. Altes BVG-Wappen bis 1992.
- Anbringung von Diebstahl-Warnaufklebern im August 1988. Daher wurden diese entfernt.
- Anbringung des M für Methanol auf der Tankklappe nach Inbetriebnahme der Busse ca. Frühling / Sommer 1986.
- Anstrich eines Großteils des Motorraumbereichs in feuerrot, RAL 3000. Dies muss bereits zu BVG-Einsatzzeiten erfolgt sein, vermutlich, weil 1666 über andere Spezifikationen verfügte als die übrigen MAN-Methanolbusse (siehe Hinweisschild für Motorölsorte). Der genaue Zeitpunkt lässt sich nicht ermitteln.
- Einbau aller aus Wagen 1667 verfügbaren Elemente für den Methanolbetrieb.
Abweichungen vom Originalzustand von 1986 bis 1988, die durch die ATB im Zuge der Sanierung und wegen Änderungen im Betrieb entstanden
- Betrieb des Busses derzeit mittels einem D 2566 MUH-Motor mit herkömmlichen Dieselkraftstoff, da ein kompletter Methanol-Motor nicht zur Verfügung steht und dieser nicht wirtschaftlich betrieben werden könnte.
- Verwendung von hellgrauem selbstklebendem Moosgummistreifen zur Abdichtung der Innenklappen statt Schaumstoffdichtband. Grund: bessere Haltbarkeit des Materials. Wird vielleicht noch geändert.
- Loch im Armaturenbrettträger für Kabeldurchführung neues Funkgerät und Verschluss desselben mittels Kunststoffkappe. Grund: Aufwand zum Austausch des Armaturenbrettträgers zu groß
- Wagennummern könnten von der Schriftstärke eine Nuance zu dünn sein. Originalbeschriftung nicht verfügbar.
- Aufkleber zu Reifenluftdruck über den Radläufen 1,5 cm zu niedrig angebracht.
- Abgeplatzte Beschichtungen an Haltestangenkloben und anderen Bauteilen durch Anstrich ausgebessert.
- Ausbesserung des Anstrichs an den Füßen der Sitzgestelle per Hand. Der Farbton ist nach Tabelle der korrekte RAL-Ton, weicht aber farblich sehr leicht von der alten Beschichtung ab.
- Ausbesserung von Farbschäden im Bereich Fahrerplatz mittels gezielter Farbtupfer.
- Roter Anstrich im Motorraum per Hand aufgetragen. Von der BVG wurde dies scheinbar im Spritzverfahren durchgeführt.
- MAN-Aufkleber am Heck ist eine Replik von Holger Jäckel.
- Austausch Schlüsselschließung für vorderes Fach über dem Fahrerplatz gegen Vierkantschließung – ggf. erneuter Rückbau
- Feuerlöscher wird vermutlich nicht mit dem Modell von 1986 identisch sein.
- Stahlstreifen zur Stabilisierung der am Fuß angebrochenen Fahrerkabine angebracht.
- Abdeckstreifen an den Ìbergängen der Außenbleche von Omsa mit Weichmaterial nachgebildet. Diese Streifen müssten druckfest sein. Ein Streifen zwischen Mitteltür und Hinterachse wird noch nachgerüstet.
- Farbwahl im Bereich Träger hinter der rechten Bugklappe problematisch.
- Nur Ausbesserungsanstrich von innen am Blech der hinteren Dachkappe.
- Fähnchenhalter mit silber Hammerschlagfarbe angemalt, da von Omsa in Wagenfarbe lackiert. Austausch sehr risikobehaftet, da die Halter einlackiert sind.
- Verwendung von Kunststoffbugklappen statt welcher aus Stahlblech. Daher auch keine Verschlussstopfen für die demontierten großen Fähnchenhalter neben den Scheinwerfern notwendig.
- Hintere Fensterscheiben mit Scratchingfolie zum Schutz gegen Vandalismus im BVG-Linieneinsatz beklebt.
- Kürzung des hintersten Türgummis um ca. 5 mm wegen leichter deformierter Ausstiegstrittstufe
Notizen Stefan Freytag, Stand 28.01.2021